Ein Apfeljahr – April & Mai 2019

EVA-Apples: Hallo Karin, vielen Dank für deine Zeit. Das letzte Mal durften wir dich beim Bäumepflanzen begleiten. Was ist inzwischen jetzt alles noch passiert?

Karin: Da liegt ja schon einige Zeit hinter uns und somit ist auch viel geschehen. Zum einen freuen wir uns sehr, dass unsere neu gepflanzten Bäume so schön angewachsen sind und zum anderen hat für uns die arbeitsintensive Zeit in den Ertragsanlagen begonnen. Hinter uns liegt eine lange Blühphase der Bäume, das Schließen der Hagelnetze, durchwachte Nächte aufgrund der Frostvorhersagen inklusive Frostberegnung, unzählige Pflanzenschutzbehandlungen, das Ausbringen der Apfelwicklerverwirrung, Mulchen, Baumstreifenpflege und noch vieles mehr.

EVA-Apples: Im April stand die Steiermark in einer Blütenpracht. Erzähl uns mal, wieso was in dieser Phase wesentlich ist, wie diese generell abläuft und was es eigentlich mit der Königsblüte auf sich hat?

Karin: Diese Phase ist für mich persönlich eine der schönsten auf unserem Betrieb, weil es ein wunderschöner Anblick ist, wenn die Bäume in Vollblüte stehen. Es gibt unterschiedliche Entwicklungsstadien der Blüte eines Apfelbaumes. Zum Beispiel das Rotknopsenstadium, wo nur eine kleine rote Spitze von der Blütenknospe zu sehen ist, weiters das Aufblühen der ersten Blüten bis hin zur Vollblüte und dann wieder die abgehende Blüte, die je nach Witterung unterschiedlich lang dauert. Ein optimales Blühwetter -angenehm warme Temperaturen, passender Niederschlag, etwas Wind usw.- sind natürlich von Vorteil und begünstigen den Verlauf der Blühphase. Nun zur Königsblüte.
Ein Blütenbüschel besteht aus fünf Knospen und die mittlere Knospe ist die sogenannte Königsblüte. Diese ist meistens in ihrer Entwicklung bevorzugt und so bringt auch diese einen schöneren und größeren Apfel hervor.

EVA-Apples: In den Medien konnte man in den letzten Jahren viel zum Thema „Bienensterben“ verfolgen. Soweit ich weiß gibt es auch Produzenten, die sich Bienenstöcke ausleihen. Macht ihr sowas auch oder vertraut ihr hier vollkommen auf die Natur?

Karin: Wir machen es derzeit noch nicht, weil wir zum Glück unmittelbar in der Nachbarschaft einen Imker haben, der die Bienenstöcke ganz in der Nähe unserer Anlage platziert. Wir schätzen es sehr, dass er so viele Bienen hat, die eine Wahnsinnsarbeit verrichten und uns eine ausgezeichnete Bestäubung bescheren.

EVA-Apples: Bitte erzähle uns auch kurz was zum Thema Alternanz. Um was handelt es sich dabei?

Karin: Als Alternanz wird eine jährlich wechselnde Ertragsschwankung im Obstbau bezeichnet. Das heißt, dass der Apfelbaum in einem Jahr sehr viele Früchte trägt und im darauffolgenden Jahr wenig bis fast keine Früchte trägt. Die Kunst liegt darin, es zu schaffen, den Baum im ertragsstarken Jahr frühzeitig zu entlasten, indem man ihm Blüten bzw. kleine Früchte entfernt und für eine gute Blütenknospenbildung für das darauffolgende Jahr sorgt. Somit bringt man eine gewisse Regelmäßigkeit hinein. Aber auch hier gibt es von Sorte zu Sorte Unterschiede, nicht jede Sorte ist Alternanzanfällig.

EVA-Apples: Gibt es aktive Maßnahmen die du während der Blütenphase setzen kannst, um die Qualität schon ein bisschen zu beeinflussen?

Karin: Kann man schon, da ist eben das Thema der Alternanz, die man brechen sollte, des Weiteren sollten man für eine bessere Bestäubung mit Bienen oder Hummeln sorgen. Dann gibt es auch noch Möglichkeiten schon während bzw. vor dem Aufblühen durch unterschiedlichsten Methoden den Fruchtbehang zu regulieren. Dadurch wird der Apfelbaum frühzeitig entlastet und entwickelt schöne Früchte. Da spricht man dann vom sogenannten Ausdünnen.

EVA-Apples: Gegen Ende Mai kam erneut eine große Frostwelle auf Europa zu. Welche vorbereiteten Maßnahmen habt ihr getroffen? Was macht ihr, wenn ihr wisst, dass eine Frostnacht bevorsteht? Gab es bei euch Frostschäden?

Karin: Nachdem wir unseren Betrieb 2017 zum Großteil mit einer Frostberegnung ausgestattet haben, ist für uns in erster Linie wichtig, diese rechtzeitig, also vor der ersten Warnmeldung, in Betrieb zu nehmen und auf Funktionstauglichkeit zu überprüfen. Wenn dies geschehen ist und Frost vorhergesagt wird, kommen durchwachte Nächte auf uns zu, wo wir immer wieder die Temperaturen verfolgen und kontrollieren, um den Einschaltzeitpunkt der Frostbewässerung genau zu treffen. Heuer hatten wir einige solche Nächte. Zum Glück ist es uns gut gelungen und somit kann man die Frostschäden bei uns am Betrieb zum Großteil ausschließen.

EVA-Appels: Ende Mai ist auch die Zeit, in der die ersten Gewitter zu erwarten sind. In letzter Zeit sind diese häufig mit Starkregen und Hagel einhergegangen. Ab welchem Zeitpunkt schließt ihr die Hagelnetze? Welche Auswirkungen hat das geschlossene Hagelnetz generell auf die Entwicklung der Pflanzen?

Karin: Wir schließen die Hagelnetze erst wenn alles abgeblüht ist. Die Bienen würden sich schwer tun unter dem geschlossenen Netz rauszufinden, da wir auf sie als Bestäuber angewiesen sind, warten wir natürlich. Für uns gibt es aufgrund der Frostberegnung einen zweiten Termin, den wir meistens abwarten, das sind die sogenannten Eisheiligen. Sobald diese Tage vorbei sind, sinkt die Gefahr von Spätfrösten rapide und dann schließen wir die Netze, weil durch das Gewicht, das durch das gefrorene Eis entsteht, würden die Hagelnetze zusammenbrechen. Aber es ist schon wichtig, sich nicht zu viel Zeit zu lassen, denn sobald die Blüte vorbei ist, sind schon kleine Äpfel da und wenn es hagelt werden diese schon beschädigt. Ein kleiner Nachteil ist natürlich die Beschattung, die das Netz macht, aber es kann auch ein Vorteil sein, weil es dadurch zu keinem Sonnenbrand der Früchte kommen kann.

EVA-Apples: Regen ist grundsätzlich gut und wichtig. Wir hatten nun aber eine Phase, in der es sehr häufig und durchgehend geregnet hat. Wie sieht es diesbezüglich aus, ist zu viel Feuchtigkeit nicht auch eine gewisse Gefahrenquelle für Krankheiten, wie bspw. Pilze?

Karin: Natürlich bringt viel Feuchtigkeit viel Potenzial für Pilze und Krankheiten. Hierfür müssen wir unsere Kulturen mittles Pflanzenschutz vor etwaigen Pilzen etc. schützen, denn sonst würde man im schlimmsten Fall einen Totalausfall der ganzen Ernte und weitere Probleme im Folgejahr riskieren. Da ist es dann schon notwendig, des Öfteren eine gezielte Pflanzenschutzbehandlung vor Regenereignissen durchzuführen.

EVA-Apples: Inzwischen sind schon kleine Äpfel an den Bäumen zu erkennen. Das ist die erste Phase, in der man die Qualität wirklich aktiv beeinflussen kann. Wie macht ihr das, dass nur die richtigen Früchte am Baum bleiben?

Karin: Genau. Wir erledigen in der Zwischenzeit das sogennante händische Ausdünnen. Da geht man durch die Plantage und reduziert durch Enfernen der kleinen Äpfel die Stückzahl, wenn es notwendig ist. Weiters pflückt man bevorzugt Äpfel mit Beschädigungen vom Baum, die in der Qualität starke Einbußen bringen würden.

EVA-Apples: Bitte erkläre uns kurz das Thema Fruchtfall. Welche Auswirkungen hat das und ist das Großteils auch gewünscht?

Karin: Da gibt es den Junifruchtfall, wo der Baum von selbst verlangt ist, Früchte fallen zu lassen. Durch gewisse Methoden ist es möglich, diesen zu verstärken bzw. generell einen Fruchtfall zu Stande zu bringen, um beim händischen Ausdünnen schneller voranzukommen und keine Mengenreduzierung, sondern nur mehr eine Qualitätsdünnung durchführen zu müssen. Also ist bis zu einem gewissen Grad ein Fruchtfall schon erwünscht.

Karin: Man hört und liest immer wieder vom Rückgang des Apfelkonsums. Was könnte man aus eurer Sicht tun, um diesen wieder zu steigern? Braucht es neuere, modernere Werbung?

EVA-Apples: Diese Frage möchte ich dir aus meinen persönlichen Gesichtspunkt beantworten. Ich denke, dass es ein enormes Standardsortiment an unterschiedlichen frischen Obst und Gemüse gibt. Wenn du mich fragst braucht es nicht (nur) mehr Werbung, aber mehr Wissen und Bewusstsein, wo unser Essen herkommt. Ich nehme an, nur ein Bruchteil der Konsumenten beschäftigt sich mit dem Thema Herkunft. Ich bin mir nicht sicher, ob viele wissen, wann welche Früchte aus welcher Region bei uns im Geschäft verfügbar sind. Wenn es mit Februar Erdbeeren gibt und inzwischen fast ganzjährig Blaubeeren und Himbeeren, ist die Konkurrenz an Frischobst einfach wahnsinnig groß. Dessen, dass dieses dann nicht aus Österreich und/oder regionalen Nachbarländern kommen kann, sind sich viele Konsumenten nicht bewusst. Es ist ja auch Ziel unseres Blogs hier einen Bezug zur Produktion von Obst herzustellen. Wann wird ein Apfel geerntet und was musst du alles dafür investieren (Zeit, Geld und Arbeit) damit wir dieses tolle, regionale Produkt überhaupt verfügbar haben. Darüber hinaus glaube ich auch, dass es momentan voll im Trend ist „exotische“ Früchte mit der Bezeichnung „Superfood“ zu titulieren, wohingegen das bei uns vorhandene als banaler, immer verfügbarer Standard abgetan wird. Ich persönlich verstehe nicht, warum eine Goji Beere so viel mehr Superfood ist, als bspw. Sauerkraut oder ein Apfel. Da gilt halt vermutlich auch, wie bei vielen Sachen, „The gras is always greener on the other side“. Darüber hinaus denke ich mir, dass es auch wichtig wäre, den Fokus durchgehend auf die inneren Qualitäten der Äpfel zu legen. Wer vermutlich zwei Mal einen mehligen oder überreifen Apfel zu essen bekommen hat, wird vermutlich auch beim nächsten Einkauf auf ein anderes Produkt umschwenken. Mit nicht passender Qualität am Point of Sale ist es bei der großen Konkurrenz schwierig zu bestehen.

Mit der neu gegründeten Plattform für EVELINA Österreich (www.evelina.at) wollen wir hier aber auch aktiv großflächig neue Impulse setzen. Hier ist es uns allen ganz wichtig, das Thema Regionalität und Herkunft einer wirklich tollen Sorte in den Vordergrund zu stellen. Wir haben mit Frau Wild eine sehr sympathische und regional verwurzelte Werbebotschafterin gewonnen. Ich bin mir sicher, wir sind hier auf dem richtigen Weg. Eine regionale Clubsorte die in Österreich für Österreich produziert wird. Ein inzwischen sehr bekannter „pinker“ Apfel, der aufgrund seiner bunten Erscheinung, eine hohe Bekanntheit hat, wird ja nur außerhalb Österreichs produziert und muss somit das ganze Jahr über importiert werden. Ich bin mir nicht sicher, ob sich jeder Konsument dessen bewusst ist.